Antriebslos, aber zufrieden
Ja, so fühle ich mich schon den ganzen Tag. Den Grill habe ich gestern doch nicht aufgebaut, der muss noch ein wenig warten. Dafür gab es auf der Party zum ersten Mal seit
April wieder ein Bier (genau genommen zwei dunkle Hefeweizen) - waren lecker und sind mir sehr gut bekommen!!!!!!
Morgen geht es zum ersten Nachsorgetermin nach Ulm. Der war schon vor zwei Wochen, doch da war ich ja noch stationär in Göppingen am Eichert. Morgen dann erstmal CT und am Freitag der zweite Termin in der onkologischen Ambulanz, um das Ergebnis und die weitere Vorgehensweise zu besprechen. Brauche z.B. einen Impfplan, da mein Impfschutz durch die Stammzelltransplantation zum größten Teil dahin ist. Nun wild drauf los impfen geht auch nicht, da ich momentan ein zu schwaches Immunsystem habe - also mal schauen, was Ulm so empfiehlt.
Auf "meiner" Station liegt noch mein letzter Zimmernachbar, ich scheue mich aber ein wenig rauf zu gehen. Würde ihm gerne "Hallo" sagen, aber ich will Abstand zu der ganzen Geschichte, keine Infusionen sehen, keinen Infusiomat pfeifen hören....habe ich da ein Phobie entwickelt? Naja, mal sehen, wie ich darüber denke, wenn ich ins KH reinlaufe...
So wie es sich im Moment entwickelt, bin ich meinen Virus (der für den Durchfall/Erbrechen verantwortlich war) endgültig los. Habe keinerlei Probleme mit Essen und Trinken, es pendelt sich gerade alles auf Normalität ein. Dies stimmt mich natürlich sehr zuversichtlich hinsichtlich meiner in zwei Wochen beginnenden Reha - nichts wäre schlimmer, als wenn ich diese wegen irgendeinem Scheiß-Infekt wieder verschieben müßte.
Glücklich kann ich auch mit dem Wetter sein, perfekte Temperaturen für mich. Ich kann im Liegestuhl sitzen, es ist nicht zu heiß - und die Seele baumeln lassen. Diese himmlische Ruhe hier, den weiten Himmel, alles offen und frei, keine Wände die einen einengen, keine dunklen Krankenhausgänge....
Endlich wieder Privatsphäre, niemand der einfach ins Zimmer kommt. Kann mir den Tag so gestalten wie ich es mir vorstelle und bin nicht von Krankenschwestern oder Arztvisiten, Infusionen abhängig. Komme zu mir, zur Ruhe und nehme mein Leben wieder selber in die Hand - werde wieder selbständig, fange wieder an zu "Leben" und lasse das Vegetieren weit hinter mir.
Es sind schreckliche Monate, die hinter mir liegen. Ich war oft weit über meinen Grenzen, fürchterliche Momente voller Verzweiflung und Hilflosigkeit - der vielgeschriebene Höllenritt. Ich werde in den kommenden Tagen versuchen, ihn niederzuschreiben. Es fällt mir nicht leicht, doch er steht für alles, was mich in dieser Behandlung extrem geprägt hat, was mich auch verändert hat bzw. noch verändert.